Intermarket-Beziehungen
Die nachfolgenden Charts zeigen Beziehungen zwischen Finanzmarkt-Segmenten über den Tag hinaus. Hierbei werden verschiedene Methoden (siehe "Typ") angewandt, die weiter unten diskutiert werden.
Offene Intermarket-Indikatoren |
Typ |
EoD |
EoX |
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Chart des Tages |
Alle |
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Verlauf Euro/Dollar, S&P 500, TYX, Gold, CRB |
Korrelation |
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Intermarket - was steckt dahinter?
Die einzelnen Segmente der Finanzmärkte sind in einem großen räumlichen, zeitlichen und kausalen Geflecht miteinander verbunden. Intermarket-Untersuchungen sind interessante zusätzliche Hilfsmittel zur kurz-, bzw. längerfristigen Einschätzung der Finanzmärkte. Sie runden das Gesamtbild ab oder zeigen Divergenzen, können aber die konkrete technische Analyse von Basiswerten nicht ersetzen.
Ein weiterer Vorbehalt: Die in der Intermarket-Analyse häufig eingesetzten statistischen Methoden (z.B. Korrelaton) sind nicht in der Lage, kausale Beziehungen aufzudecken. Wenn z.B. Aktien und Dollar zusammen steigen, sich also eine positive Korrelation ergibt, so kann daraus nicht geschlossen werden, dass Aktien steigen, weil der Dollar steigt. Ob das eine der Grund für das andere ist, kann nur eine wissenschaftliche Analyse zeigen. Dabei kann die Statistik zwar helfen, aber auch nicht mehr.
Im kurzfristigen Bereich ergeben sich Intermarket-Beziehungen schon aufgrund der Tatsache, dass Anleger nach maximalem Gewinn streben. Sie werden Kapital aus aktuell wenig profitablen Segmenten abziehen und in rentablere transferieren. Diese Substitution wirkt umso stärker, je knapper die Ausstattung der Finanzindustrie mit liquiden Mitteln ist. Solche Segmente sind dann negativ korreliert. Andererseits tendieren die Akteure dazu, in Segmente zu investieren, bei denen sich in der jüngeren Vergangenheit zeigte, dass sie zusammenlaufen. Das eine zieht das andere mit, sie sind positiv korreliert. Ein gutes Beispiel sind die US-Märkte, die mit ihrer Vorreiterfunktion andere geographische Teilmärkte in die gleiche Richtung treiben.
Trotz gegenseitiger Beeeinflussung sind unter kurzfristigen Aspekten die inneren Bedingungen eines Marktsegments entscheidend, die vor allem durch die aktuelle Stimmung, bzw. Ausrichtung der Akteure geprägt und durch den Prognoseteil der TimePatternAnalysis ermittelt wird. Intermarket-Beziehungen sind im kurzfristigen Zeitfenster hinzukommende Faktoren, die die inneren Tendenzen eines Segments verstärken oder abschwächen. Sind diese in Phasen (partieller) Gleichgewichte, bzw. geringer Trenddynamik nur schwach ausgeprägt oder sogar divergent, wirken sich Intermarket-Beziehungen besonders aus. Umgekehrt kann ein Marktsegment mit starkem inneren Trend-Momentum längere Zeit (ansonsten widrige) Intermarket-Einflüsse "ignorieren".
Im langfristigen Korrelations-Fenster wirken sich v.a. fundamentale Gegebenheiten aus. Das "Eigenleben" ("Stimmung", "Ausrichtung") und die dadurch bedingte Wechselwirkung der Segmente spielt aus dieser Perspektive eine untergeordnete Rolle.
Im langfristigen Teil der Intermarket-Analyse spielen Zeitverzögerungen eine Rolle. Sie können das Zusammenspiel der einzelnen Finanzmarkt-Segmente auf der Zeitschiene auflockern. Dabei ist die Zentralbankpolitik ein wichtiger Einflussfaktor. Außerdem wirkt die Globalisierung regional ausgleichend und streckt Zusammenhänge, die in einer isolierten Volkswirtschaft zeitlich enger verkoppelt wären. Nicht zu vergessen andererseits die enge und zeitnahe Informationsverknüpfung durch das Internet, die in der Regel trendverstärkend wirkt.
Phasen-Modell nach Pring/Murphy
Die Beobachtung der mittel- bis längerfristigen Bewegungsrichtung von Schlüsselsegmenten der Finanz-Industrie über die zurückliegenden 30 bis 40 Jahre führt zu einem idealtypischen Phasenmodell, das u.a. von Murphy beschrieben wurde. Der Motor dahinter ist die Konjunkturentwicklung.
In Phase Null (bei Murphy Phase sechs) fallen die betrachteten Segmente der Rohstoffe, der TBonds und der Aktien. In Phase eins (Konjunktur-Pessimismus) steigen die Anleihekurse, die Renditen fallen. Die Aktienkurse und Rohstoffpreise sinken ebenfalls. In Phase zwei drehen Rohstoffe nach oben, während Anleihen weiter steigen und Aktien sich weiter verbilligen. Steigende Rohstoffpreise suggerieren Wirtschaftswachstum, beständig fallende Renditen erweitern den Finanzierungsspielraum der Realwirtschaft. In der dritten Phase treibt demzufolge die Erwartung eines konjunkturellen Aufschwungs mit steigenden Unternehmensgewinnen die Aktienkurse. Anleihen und Rohstoffe steigen ebenfalls weiter. In Phase vier dreht der Anleihemarkt nach unten, weil mit dem Konjunkturaufschwung steigende Produzenten- und Verbraucherpreise erwartet werden. Das führt über die Zentralbankpolitik zu steigenden Zinsen, treibt die Anleiherenditen und drückt deren Kurse. Die Aktienkurse steigen weiter, Rohstoffpreise erreichen ihren Zenith. In Phase fünf fallen die Rohstoffpreise, die Anleihekurse setzen ihren Sinkflug fort, die Aktienmärkte erreichen ihr Topp.
Der Artikel Wo stehen wir im Konjunkturzyklus? befasst sich mit der Thematik, u.a. auch mit den seit Mitte der 1990er Jahre zu beobachtenden Verschiebungen.
"Risk on"-Trade
Häufig taucht folgende "bullische" Intermarket-Beziehung auf:
- Der Dollar (Dollar-Index) verliert an Wert
- Aktien entwickeln sich besser als Bonds
- Investment-grade und High-yield-Anleihen entwickeln sich besser als Treasuries
- Ausländische Aktien (Emerging Marktes u.a.) entwickeln sich besser als US-Aktien
- Rohstoff-Preise entwickeln sich fest
- Rohstoff-Währungen entwickeln sich fester als andere, insbesondere der Dollar
- Zyklische Aktien-Sektoren (Technologie, "Consumer Discretionary"/Nicht-Grundbedarfsgüter, Roh-Material, Energie) entwickeln sich besser als "defensive" ("Consumer Staples"/Grundbedarfsgüter, Versorger, Health-Care)
Oftmals kann man statt der obersten Bedingung "schwacher Dollar_Index" auch "starker Euro/Dollar" einsetzen. Dann allerdings sollte die Stärke von Euro/Dollar begleitet sein von jeweils festeren Verläufen von Euro und Dollar zu Yen.
Methoden zur Untersuchung von Intermarket-Beziehungen
Eine effiziente Methode zur Aufdeckung von Intermarket-Zusammenhängen ist die Korrelationsrechnung. Mit einem etwa vier Wochen überstreichenden gleitenden "Korrelationsfenster" lassen sich die oben dargestellten verhaltensgetriebenen Beziehungen recht gut erfassen; reicht es über ein Jahr, machen sich eher wirtschaftsgetriebene Faktoren bemerkbar, z.B. der Konjunkturzyklus.
Die Korrelationscharts zeigen neben den kurzfristigen (auf Sicht eines Monats), naturgemäß recht schwankungsanfälligen Intermarket-Beziehungen auch Zusammenhänge auf Jahressicht. Diese längerfristigen Korrelationen sind vor allem vor dem Hintergrund fundamentaler Gegebenheiten zu sehen. Das "Eigenleben" ("Stimmung", "Ausrichtung") und die dadurch bedingte Wechselwirkung der Segmente spielt aus dieser Perspektive eine untergeordnete Rolle.
Im Chart "Ergebnis-Matrix" sind am aktuellen Zeitpunkt aufgehängte kurz- und langfristige Korrelationen ausgewählter Marktsegmente zusammengefasst. Die Einzelcharts liefern eine sieben bis acht Jahre zurückreichende Sicht.
Im Chart "Expansion/Kontraktion" wird der Versuch unternommen, aus dem Geschehen der US-Segmente "Rohstoffe" (CRB-Future), "TBonds" (invers zur 30-jährigen Rendite) und "Aktien" (S&P 500) die oben dargestellten Phasen in den Intermarket-Beziehungen heraus zu destillieren. Gleichzeitig werden Phasen von Expansion und Kontraktion, sowie das zugehörige Potential unterschieden. Als qualitatives Maß hierzu dient die "Cash-nahe Anlage" (invers zur Verzinsung von Drei-Monatsgeld); sie spiegelt in guter Näherung die Liquiditätsausstattung der Finanzindustrie wider und ist daher für diesen Zweck besser geeignet als das volkswirtschaftliche Aggregat der Geldmenge.
Aus dem Bild wird auch ersichtlich, dass die stärkste Kontraktion der Finanzmärkte zeitlich nicht immer mit einer Rezession zusammenfällt. 1970, 1975 und 1981 war dies der Fall, 1980 und 2001 folgten die Tiefs mit deutlicher Verzögerung.
Solche Zusammenhänge bilden den stabileren, an den Konjunkturzyklus angelehnten Hintergrund der Intermarket-Beziehungen. Er wirkt natürlich auch im kurzfristigen Bereich, jedoch oftmals verzerrt durch die erwähnten kurzfristigen Mechanismen ("Stimmung", "Ausrichtung").
Häufig werden auch Verhältnisse (Ratios) von zwei Teilmärkten gebildet, man dividiert z.B. den Erdölpreis durch einen breit gefassten Aktienindex. Werden darin bestimmte markante Linien über-, oder unterschritten, so soll das Trendaussagen zu den beteiligten Werten ermöglichen. Da dies aber immer durch Veränderungen im Zähler wie im Nenner geschehen kann, sind die daraus gewonnenen Aussagen nicht immer eindeutig. Zudem kürzen sich Einflussfaktoren oberhalb und unterhalb des Bruchstrichs weg, was nicht immer sinnvoll ist. Sicher aber gibt eine signifikante Änderung des Verhältnisses der beiden betrachteten Märkte Hinweise auf zugrundeliegende Verwerfungen.
Im Chart "Inflationserwartung, Oil und S&P 500" wird der Frage nach dem Zusammenhang zwischen Aktienkursen und Inflationerwartung nachgegangen. "Objektive" Inflationsmesszahlen wie der amerikanische Consumer Price Index (CPI) laufen deutlich nach, außerdem besteht kein enger Zusammenhang zu der Erwartungshaltung der Finanzmärkte. Als Maß hierfür dienen Goldpreis und Zinsniveau. Beide Segmente verfügen jedoch auch über ein gewisses Eigenleben, das hier unerwünscht ist. Daher wird über die standardisierten Preise von Gold und Geld gemittelt. Der Indikator ist im oberen Chart des Bildes violett dargestellt.
Diese Inflations-Erwartung der Finanzmärkte wird dazu benutzt, die Preise für Öl und Aktien, in diesem Fall den S&P 500, zu bereinigen, so dass sich "reale" Werte ergeben. Diese sollten für die Preisbildung in anderen Finanzmarktsegmenten relevanter sein als die nominalen Preise. Diese "Bereinigung" geschieht durch Division, daher die Einordnung dieser Auswertung in den Bereich Verhältnis-, bzw. Ratio-Charts.
Deutlich zu erkennen ist der positive Zusammenhang zwischen Inflationserwartung und Aktienkursen, Aktien steigen mit (moderaten) Inflationserwartungen, sie fallen, wenn ein Sinken des Preisniveaus erwartet wird. Zudem geben die "realen", d.h die um die Inflationserwartung bereinigten nominalen Preise ein klareres Bild der Relevanz etwa des Ölpreises auf die Kursentwicklung in anderen Finanzmarktsegmenten. Und wenn Aktien auch "real" teuer sind, sollte das Hinweise auf baldige, anhaltende Korrekturen geben.
Der Artikel "Aktionäre lieben steigende Preise" erörtert weitere Zusammenhänge und Schlussfolgerungen, die sich aus dieser Ratio-Betrachtung ergeben.
Das Verfahren der Verhältnisbildung wird auch beim Chart "Carry Trades?" benutzt. Allerdings wird hier gerade darauf abgestellt, dass sich Zähler und Nenner gleichermaßen beeinflussende Faktoren "wegkürzen". Wenn die Ergebnisse in der grafischen Darstellung innerhalb eines Korridors seitwärts laufen, ist das ein Hinweis auf dominante, auf beide Basiswerte gleichermaßen einwirkende Kräfte. Je enger der Korridor ist, je stärker ist der Zusammenhang. Auch wenn sich daraus kein zwingender kausaler Beweis für die Wirkung von Carry-Trades ergibt, so ist er doch sehr naheliegend - siehe Artikel "Carry and Cash".
Eine weitere Methode, die Untersuchung der Häufigkeits-Verteilung, wird in den beiden Charts "Rezessions-Wahrscheinlichkeit" eingesetzt. Ansatzpunkt war die Kritik am sogenannten Wright-Modell - siehe Artikel "Rezessionsgefahr?". Fed-Analyst J. Wright hat die kumulierte Häufigkeitsverteilung des Renditespreads zwischen dreimonatigen und zehnjährigen US-Treasuries untersucht und dabei eine Standard-Normalverteilung unterstellt. Diese Annahme ist jedoch nicht gegeben, wie der Chart "Häufigkeitsverteilung des kurzen Spread" zeigt. Das führt dazu, dass das Modell die Ereignisse an den Rändern der Verteilung unterbewertet. Damit wird die Wahrscheinlichkeit einer Rezession unterschätzt.
Um auf einer breiteren Basis zu stehen, wird im zweiten Chart zur Rezessions-Wahrscheinlichkeit der "kurze" Spread, auf den sich Wright konzentriert hat, zusammen mit zwei weiteren Merkmale der Zinsstruktur hinsichtlich ihrer kumulierten Häufigkeits-Verteilung ausgewertet. Ein Alarm wird dann ausgelöst, wenn jedes für sich eine signifikante Schwelle überschritten hat. Dasselbe Verfahren liefert auch Aussagen über Perioden dynamischen wirtschaftlichen Aufschwungs.