S&P 500 – Tech-Aktien auf dem Prüfstand

Der S&P 500 verliert auf Wochensicht um 1,3%. NDX und Nasdaq Composite schwächer mit –3,1%, bzw. –2,9%. Der Dow zeigt mit +1,7% erneut relative Stärke und erzielt ein weiteres Allzeithoch. Der DAX mit einem Wochenminus von 2,1%.

Die Ölpreise uneinheitlich, Brent mit –0,6%, WTI mit –1,9%. Der CRB-Rohstoffindex verliert im Wochenvergleich 1,7%. Gold gewinnt 1,4%, Silber verliert 3,2%.

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Die US-Renditen steigen über alle Laufzeiten leicht an. Die der 10yr-TNotes auf Wochensicht +0,4%, die der 2yr-TNotes 0,5%, die der 13wk-TBills +0,0%. Der Dollar-Index gut behauptet, Euro/Dollar knapp behauptet mit –0,1%. Die Währungspaare Dollar/Yen und Euro/Yen leichter mit jeweils –0,4%.

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Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices: Der KBW-Index regionaler Banken steigt auf Wochensicht um weitere 7,7%. Der „Globalisierungsindikator“, der Dow Jones Transport Index (DJT), fester mit +1,7%. Der „Technologieindikator“, der Halbleiterindex SOX, verliert 5,9% – kongruent zum technologielastigen NDX.

Der Rendite-Spread am langen Ende steigt im leicht positiven Bereich weiter an. Die Inversion der Zinsstruktur über das gesamte Spektrum kaum verändert bei –0,92. Der negative Spread zwischen der Rendite der 2yr-TNotes und der eff FFR kaum verändert. Die Erwartungen hinsichtlich einer baldigen Leitzins-Senkung scheinen auf mittlere Sicht nun drei Zinsschnitte zu sehen.

[Anmerkung: Die Wochenvergleiche beziehen sich dieses Mal auf den gestrigen Donnerstag, nicht wie sonst auf den letzten Tag der Handelswoche]

Große Tech-Werte sind in den zurückliegenden Tagen erheblich unter Druck geraten. Der NDX eröffnete am Mittwoch mit einer großen Abwärtslücke. Der Rücksetzer summiert sich gegenüber dem jüngsten Rekordhoch in der zurückliegenden Woche auf rund fünf Prozent.

Was steckt dahinter?

In den zurückliegenden Tagen verstärkte sich nach der Veröffentlichung der Inflationsdaten für Juni die Rotation in Value-Aktien und SmallCaps. Die Hoffnung auf baldige Zinsschnitte mit sinkenden Fianzierungskosten hauchte dem Dow, sowie dem Russell 2000 Index relative Stärke ein.

Die Stärke des Währungspaares Dollar/Yen lässt vermuten, dass Carry-Trade-Kredite in Yen aufgelöst und damit finanzierte Assets verkauft wurden.

Die Biden-Administration will stärkere Restriktionen im Verkauf von Chips an China verhängen. Das traf u.a. den Hersteller von Anlagen für die Chip-Fertigung ASML. Der lieferte zwar bessser als erwartete Ergebnisse, aber der anschließende Abverkauf der Aktie dürfte auf die aufkommenden Handelsbeschränkungen zurückzuführen sein. Der Halbleiterindex SOX zeigte ebenfalls markante Schwäche und steht aktuell mit dem stärksten Ausverkauf seit März 2020 rund acht Prozent unter seinem vor einer Woche produzierten Allzeithoch.

Auch die Erklärung von Trump in einem Bloomberg-Interview dürfte gewirkt haben, wonach Taiwan das amerikanische Tech-Geschäft gestohlen habe und für die Sicherheits-Garantien bezahlen müsse, die die USA dem Inselstaat geben.

In der kommenden Woche berichten fünf MegaCap-Unternehmen, die alle auch in Beziehung zum KI-Thema stehen, über Umsatz und Gewinn. Der Analysten-Konsens geht von einem sich abflachenden Umsatzwachstum aus. Das dürfte zu Gewinnmitnahmen beigetragen haben.

Ein Mix also aus einigen belastenden Faktoren in der Mitte des Sommers mit saisonal bedingter dünnerer Liquidität und abnehmenden Volumina. Ob aus dem Dämpfer mehr wird und eine nach historisch-statistischen Kriterien überfällige Korrektur einsetzt? Zahlreiche Beobachter sehen eher eine neue Kaufgelegenheit.

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Die Quartalssaison ist bis jetzt positiv verlaufen, 80% der Firmen, die bis jetzt berichtet haben, haben positiv überrascht. Der Umsatz von TSMC, dem weltgrößten Auftragsfertiger für Chips, stieg im zweiten Quartal um fast ein Drittel auf 20,8 Mrd. Dollar. Der Gewinn erhöhte sich um 36% auf knapp sieben Mrd. Dollar. Einmal mehr diente die hohe Nachfrage nach KI-Chips als Grund für den Erfolg. Wegen der Trump-Äußerung (s.o!) kam die Aktie dennoch deutlich unter Druck.

Die Bank of America steigerte ihr Handelsergebnis im Jahresvergleich um 20% auf 1,9 Mrd. Dollar, bei Morgan Stanley sind es 18% auf drei Mrd. Dollar, Goldman Sachs kommt mit plus sieben Prozent auf 3,17 Mrd. Dollar. Die Berichte der Großbanken spiegeln die Rückkehr des Risikoappetits wider, wie auch einen Anstieg der M&A-Aktivitäten. Daraus wird abgeleitet, dass die „Märkte“ optimistisch in Bezug auf eine weiche Landung sind und keine Rezession heraufziehen sehen.

Der größte Vermögensverwalter der Welt, BlackRock, steigert das verwaltete Vermögen im zweiten Geschäftsquartal auf 10,6 Bill. Dollar – ein neuer Rekord. Der Nettogewinn erreichte im abgelaufenen Quartal 1,5 Mrd. Dollar, im Vorjahr waren es 1,37 Mrd. Dollar. Allein in Deutschland ist der Vermögensverwalter an 32 der 40 im DAX notierten Unternehmen beteiligt, an mehr als zwanzig der DAX-Unternehmen sogar mit über fünf Prozent.

Fed-Chef Powell zeigte sich nach der Inflationsentwicklung im zweiten Quartal zuersichtlicher, die Inflation im Griff zu haben, zumal jetzt auch der Arbeitsmarkt Zeichen von Abkühlung aufweise. Das doppelte Mandat der Fed sei nun in einer besseren Balance. Und mit einer Zinssenkung müsse nicht auf das definitive Erreichen des zwei-Prozent-Ziels gewartet werden. Allerdings äußerte er sich sehr besorgt über die Schuldenentwicklung: „Große Defizite in Zeiten von Vollbeschäftigung sind nicht nachhaltig.“ Es seien konzertierte Aktionen notwendig, um wieder in die richtige Spur zu kommen.

Der Bericht über die Arbeitslosenunterstützung in den USA zeigt, dass es zunehmend schwieriger wird, einen neuen Job zu finden: Die Zahl der Empfänger von Arbeitslosenunterstützung ist so hoch wie seit Ende November 2021 nicht.

Die Gold-Preise erreichen neue Höhen, getrieben durch die Erwartung, dass die Fed im September mit ihren Zinsschnitten beginnen wird, wodurch die Opportunitätskosten der Gold-Haltung sinken. Gleichzeitig wurden die Äußerungen von Powell so interpretiert, dass die wirtschaftliche Unsicherheit zunimmt und ein Stimulus erforderlich werden könnte. Das spräche für Gold als sicheren Hafen, wird argumentert.

Jeroen Blokland: Schade Deutschland, alles ist vorbei! Die Entwicklung der Industrieproduktion in Deutschlnd zeigt seit 2017 scharf abwärts. Sie hat seitdem um 14% abgenommen. Das ist nicht das, was man einem Fertigungs-Star erwartet.

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Der Index der Fertigungsaufträge ist im gleichen Zeitraum sogar um 25% zurückgegangen.

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Was ist die Ursache dieser Entwicklung? China ist ein wichtiger Grund – chinesische Exporteure sind wettbewerbsfähiger als deutsche.

Politiker sind schnell dabei, mit dem Finger auf externe Faktoren wie China zu zeigen. Aber das lenkt von ihrer eigenen Inkompetenz ab. Die deutsche Energiepolitik ist ein Desaster – nicht nur, weil sich die deutsche Großindustrie auf billiges russisches Gas verlassen hat, sondern auch wegen der bizarren Entscheidung, alle Atomkraftwerke abzuschalten. Und das auch noch zu einem Zeitpunkt, als russisches Gas nicht mehr zur Verfügung stand.

Und es gibt einen weiteren Grund für das schlechte deutsche Abschneiden, die immer strengeren Regelungen von allem und jedem in Bezug auf „Nachhaltigkeit“. Wenn irgendetwas Europa chakterisiert, dann dass es sich selbst grandios in den eigenen Fuß schießen kann. Und Deutschland ist nicht alleine – die Niederlande sind ein weiteres schmerzliches Beispiel. Die europäischen Regeln sind eindimensional. Klimawandel und Nachhaltigkeit sind wichtig, gutes Wohnen aber auch, und ebenso Beschäftigung (z.B. in der Fertigung), Gesundheitswesen usw. Deutschland hat wegen exzessiver Vorschriften über 700.000 Wohnungen zu wenig.

Natürlich können sich Dinge wieder ändern. Deutschland kann eine Wirtschafts-freundlichere Politik betreiben. Alles hilft, was verschiedene gesellschaftliche Themen besser ausbalanciert. Aber was gegenwärtig zu sehen ist, ist der Fokus darauf, sich noch öfter in den Fuß zu schießen. Eine Schande, so Blokland.

Der Rückgang der Ölpreise wird Bedenken über Chinas Wrtschaft zugeschrieben. Das BIP ist weniger stark gewachsen als erwartet, auch der Einzelhandelsumsatz entwickelte sich schwächer als gedacht. Hintergrund ist weiterhin der kriselnde Immobiliensektor. Spannungen im Nahen Osten und in Europa dürften jedoch für Absicherung der Preise nach unten sorgen, heißt es.

Die Wachstumsperspektiven Chinas dürften verhalten bleiben. Die Kernproblemfelder sind der schwächelnde Immobiliensektor, die flaue Konsumbereitschaft und die alternde Gesellschaft. Auch die zunehmende Machtkonzentration auf die Person Xi Jinping und damit hohe politische Risiken sowie eine fehlende Reformbereitschaft werden angeführt.

Volkswirte bleiben optimistisch in Bezug auf die US-Wirtschaft, auch wenn das Wachstum schwächer ausfällt und die Arbeitslosenquote leicht ansteigt. Das ergab eine vierteljährliche Umfrage des Wall Street Journal. Zudem ist man optimistisch, dass das 2%-Inflationsziel der Fed erreicht wird.

Tom McClellan: Der kürzliche Run im Russell 2000 Index der kleinen Nebenwerte ist bemerkenswert. Der Index zeigt relative Stärke gegenüber dem Russell 1000, in dem höher kapitalisierte Aktien zusammengefast sind. McClellan wertet das als Zeichen, dass so viel Überschuss-Liquidität unterwegs ist, dass auch die kleinen SmallCaps etwas abbekommen. Die Bewegung sei jetzt aber deutlich zu weit gegangen, wie der folgende Chart zeigt.

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Normalerweise avisiere schon die 2%-Marke ein kurzfristiges Preis-Topp. Die aktuelle Situation ist vergleichbar mit der von Ende Dezember, die zum Pullback im Januar führte, so McClellan.

Der S&P 500 hat am zurückliegenden Donnerstag bei 5554,59 geschlossen. Die EMA50 notiert steigend bei 5420. Es wurde eine Abwärtslücke gerissen (Chartquelle).

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Der nächste bedeutendere Support-Pegel liegt bei 5508, dem Hoch aus Mitte Juni. Zwischen 5375 und 5408 klafft eine am 12. Juni gerissene Aufwärtslücke. Bei 5072 kommt das 38er-Retracement des Aufwärtsimpulses von Anfang November bis zum jüngsten Schlusskurs-Hoch ins Spiel. Eine weitere Aufbruchslücke vom 2. auf den 3. Mai liegt zwischen von 5074 und 5103.

Die Marktindikatoren zeigen sich mit 57:0 bullisch. Der TQUAL-Indikator, gebildet aus RSI, Stochastik und MACD internationaler Aktienindices gibt sich in der kurzfristigen Tendenz bullisch. Der Verlauf der Rendite von Ramsch-Anleihen zeigt kurzfristig deutliche Risikoneigung.

Die Volumenverteilung im S&P 500 ist weiter in Akkumulation, andere Signale aus dem Volumenbereich stützen das Bild. Akkumulation ist per se bullisch zu sehen. Die Stimmungsindikatoren zeigen sich unterschiedlich, das Put-Call-Verhältnis ist bullisch. Der VIX ist in den zurückliegenden Tagen deutlich weiter angestiegen und zeugt von der Erwartung anziehender Volatilität.

Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis sehen lineare Eigenschaften weiterhin als dominant an. Bärische Kursmuster nehmen auf niedrigem Niveau zu, bullische nehmen ab. Das bullische Potenzial erodiert vorerst. Die Prognose der TimePatternAnalysis für den S&P 500 legt eine Abwärtsorientierung bis in den Bereich von 5480 nahe. Eine übergeordnete Wendesituation zeichnet sich noch nicht ab.

Die Quartalssaison kommt in der kommenden Woche mit Meldungen großer Tech-Unternehmen in ihre entscheidende Phase.

Ergänzung:
Goldman Sachs: Die Wachstumsperspektiven von KI werden zunehmend infrage gestellt und es gibt ein signifikantes Risiko, dass die KI-Capex-Blase platzt. Typischerweise besteht der Capex-Zyklus aus vier bis sechs Quartalen Expansion, gefolgt von zwei bis vier Quartalen einer Korrektur („Digestion“). Wir sind im fünften Quartal, also dürfte bald Druck aufkommen. Der Bau der Infrastruktur („Grid“) braucht auch Zeit und es scheint, als fehle Manpower, um einen Engpass bei Datenzentren zu vermeiden. Die Revisionen bei den Umsätzen großer Techs könnten ins Negative gehen – das würde das Topp der Blase anzeigen. (H/t The Marketear)
Zum Thema Infrastruktur siehe auch den enormen Stromverbrauch (Artikel der Vorwoche)! Auch hier: „The AI Kill Switsch

Interessant: „Neil Howe: Halfway Through Fourth Turning (Replay)

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