S&P 500 – wenn nicht so, dann so

Der S&P 500 steigt auf Wochensicht um 2,0%. NDX und Nasdaq Composite schaffen 3,6%, bzw. 3,5%. Der Dow läuft mit +0,7% hinterher. Der DAX mit einem weiteren Wochenplus von 1,3%. S&P 500 und NDX produzierten am Freitag ein weiteres Allzeithoch. Das Handelsvolumen an der NYSE war dünn, am Donnerstag wurde der amerikanische Unabhängigstag gefeiert.

Die Ölpreise steigen um jeweils 2,0% nahe zwei-Monats-Hoch. Der CRB-Rohstoffindex im Wochenvergleich wieder fester mit +1,0%. Gold gewinnt 2,8%, Silber sehr fest mit +7,2%.

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Die US-Renditen sinken über alle Laufzeiten. Die der 10yr-TNotes auf Wochensicht –2,6%, die der 2yr-TNotes –3,3%, die der 13wk-TBills -0,2%. Der Dollar-Index leichter, Euro/Dollar gewinnt 1,2%. Die Währungspaare Dollar/Yen und Euro/Yen uneinheitlich mit -0,1%, bzw. +1,1%.

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Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices: Der KBW-Index regionaler Banken verliert auf Wochensicht 2,5%. Der „Globalisierungsindikator“, der Dow Jones Transport Index (DJT), schwächer mit –0,9%. Der „Technologieindikator“, der Halbleiterindex SOX, gewinnt 3,4% – eine Bestätigung für die technologielastigen NDX und Nasdaq Composite.

Der Rendite-Spread am langen Ende steigt im leicht positiven Bereich weiter an. Die Inversion der Zinsstruktur über das gesamte Spektrum nimmt leicht zu und kommt auf –0,87. Die negative Spread zwischen der Rendite der 2yr-TNotes und der eff FFR nimmt deutlich zu. Die Erwartungen hinsichtlich einer baldigen Leitzins-Senkung scheinen auf mittlere Sicht nun zwei bis drei Zinsschnitte zu sehen.

Der Dax kommt nun auf ein Jahresplus von etwa zehn Prozent, der Dow bringt es nur auf gut vier Prozent. Der MDAX verlor im selben Zeitraum rund acht Prozent. Ein Subindex im S&P 500, der nur die SmallCaps berücksichtigt, gab 1,5% ab. Nach wie vor treibt das KI-Thema relativ wenige Aktien zu immer neuen Höhen und sorgt für relative Stärke in den technologielastigen US-Indices. Ansätze zu einer Sektorrotation bleiben in den Anfängen stecken.

Die Zahl der US-Arbeitsplätze (nonfarm) ist im Juni inmitten von deutlichen Revisionen der Zahlen der Vormonate weniger gestiegen als erwartet. Die seit zwei Jahren anhaltende Disparität zwischen der Haushaltserhebung und den Meldungen der Unernehmen („Payroll-Survey“) geht weiter. Im Vergleich zu vor einem Jahr hat die Zahl der Vollzeit-Beschäftigten um 1,5 Millionen abgenommen, vergleicht man die Zahl über zwei Jahre, kommt en Plus von 700.000 heraus. Die Arbeitslosenquote ist im Juni auf 4,1% angestiegen. Im April hatte sie noch auf einem 50-Jahres-Tief gelegen bei 3,4%. Das dürfte das zyklische Tief gewesen sein. Siehe hier!

In meiner Auswertung der „Payroll“-Zahlen zeigt sich jetzt deutlicher Tempoverlust. Insgesamt trübt sich das Makrobild ein, wie der folgende Chart zeigt.

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Der ISM-Index des verarbeitenden Gewerbes kam für Juni erneut schwächer herein – jetzt 48,5 nach 48,7 im Mai. Der entsprechende Index für Dienstleistungen enttäuschte insbesondere. Er erreichte ein Niveau wie seit 2020 nicht. Er brach im Juni um fünf Punkte auf 48,8 ein, im Vormonat hatte er noch um 4,4 auf 53,8 zugelegt. Werte unter 50 bedeuten Kontraktions-Niveau.

Seit Mitte 2021 wächst die Zahl der Jobs im öffentlichen Sektor stärker als im privaten Bereich. Die Transferzahlungen der Regierung machten im ersten Quartal 40% des Zuwachses des privaten Einkommens aus. Damit wird der Staat zum bestimmenden Wirtschaftsfaktor. Fed-Chef Powell warnt vor einem zu hohen Budget-Defizit, es sei nicht nachhaltig. Dies müsse von den gewählten, bzw. zu wählenden Politikern korrigiert werden. Die Biden-Administration wird in ihren vier Jahren neun Bill. Dollar an neuen Schulden angehäuft haben.

Solche Probleme tangieren gerade niemanden an den Finanzmärkten – jedenfalls nicht im Tagesgeschehen. Powell bestärkt diese Sicht noch, indem er auch nahelegt, dass die Inflation weiter abnimmt. Die Fertigungsaufträge haben überraschend abgenommen, die Schwäche des Service-Sektors passt dazu und legt einen wirtschaftlichen Tempoverlust nahe. Im Protokoll der zurückliegenden FOMC-Sitzung wird deutlich, dass die Mehrheit der Teilnehmer dies genauso sieht und die aktuelle Geldpolitik als restriktiv einschätzt.

Nicht verwunderlich, dass die Erwartungen hinsichtlich sinkender Leitzinsen in dieser Woche deutlich angestiegen sind. Bezogen auf den Spread der Rendite der 2yr-TNotes (siehe oben!) werden mittelfristig nun zwei bis drei Zinsschnitte erwartet. Einzelne Beobachter sieht den ersten schon auf der kommenden Sitzung des FOMC.

Die Inflation in der Eurozone hat sich im Juni auf 2,5% ermäßigt nach 2,6% im Mai. Im Service-Sektor bleibt sie jedoch mit 4,1% weiterhin hoch.

Man hört nun immer häufiger Vergleiche mit der dotcom-Blase von der Jahrtausendwende. Seinerzeit kamen Technologiewerte im S&P 500 nach Kapitalisierung auf einen Anteil von knapp 50%. Über weite Strecken in den 1990er Jahren ging deren Anteil nicht über ein Fünftel, auch in der ersten Dekade blieb die Quote meistenteils unter 20%. Jetzt kommen Technologiewerte erneut auf knapp die Hälfte der Aktien im S&P 500. Und was in der dotcom-Blase Cisco war, ist heute Nvidia. Interessante Parallele – in fünf Jahren war der Kurs von Cisco seinerzeit um rund 3500% angestiegen, Nvidia bringt es in derselben Zeitspanne in etwa auf die gleiche Performance. Und noch eins: Microsoft musste seinerzeit die Position des wertvollsten Untenehmens an Cisco abgeben, aktuell zieht Nvidia an Microsoft vorbei (h/t Heibel-Ticker).

Während in der dotcom-Blase die meisten Internet-Unternehmen keine Gewinne produzierten, ist das bei Nvidia & Co anders. Zwar ist das KGV dieses Unternehmens mit 100 hoch, aber schon für das kommende Jahr rechnen Analysten mit einer Halbierung (wie in der dotcom-Blase auch). Das mag sein, aber eine Ernüchterung hinsichtlich KI ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Aktuell befinden wir uns noch weitgehend in der Phase des Aufbaus der KI-Infrastrutur in den Rechenzentren. Spannend wird es, wenn KI in die breite Anwendung kommt in Allerwelt-Produkten. Und da dürften sich dann auch Parallelen zur Jahrtausendwende ziehen lassen, als sich zeigte, dass das Internet eben doch keine solche Goldgrube ist, wie zuvor spekuliert. Da aber viele KI-Unternehmen heute durch Gewinne einigermaßen nach unten abgesichert sind, mag die Korrekturphase womöglich weniger heftig oder auch weniger lang ausfallen.

Rechtzeitig vor Beginn der Saison der Quartalsberichte haben Wall Street Analysten die Latte für die Firmengewinne tiefer gelegt. Aktien steigen trotzdem (oder deswegen). Der folgende Chart zeigt die Entwicklung der Gewinnschätzungen um rund fünf Dollar pro Aktie allein in den zurückliegenden 30 Tagen (Chartquelle).

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Wenn viele Firmen die Gewinnschätzungen schlagen, macht das einen guten Eindruck. Und der ist bei dem erreichten luftigen Niveau auch nötig, um zu verhindern, dass Aktien aus Enttäuschung über eine schwache Performance reihenweise abgestoßen werden.

Die Phase der Inversion der US-Zinsstruktur ist rekordverdächtig lang. Eine Inversion gilt als Indikator für eine heraufziehende Rezession, der Zusammenhang war in der Vergangenheit zuverlässig zu beobachten. Eine inverse Zinsstruktur signalisiert Kreditverknappungen, die das Risiko von Rezessionen erhöhen. Die Differenz zwischen kurz- und langfristigen Zinsen, die Nettozinsmarge der Banken, sagt etwas über die Rentabilität von neuen Krediten aus. Banken nehmen kurzfristige Gelder auf, zahlen geringe Zinsen auf Einlagen und vergeben langfristige Kredite zu höheren Zinsen. Dreht sich das Zinsverhältnis herum, sind Banken immer weniger bereits, Kredite zu vergeben. Das schränkt dann Investitionen tendenziell ein.

In diesem Zyklus sieht es bisher anders aus. Als die Fed mit ihrer Serie der Zinsstegerungen im März 2022 begann, blieben die Einlagenzinsen der Banken dank der durch die Corona-Maßnahmen großen Einlagenschwemme niedrig. Der durchschnittliche Zinssatz, den die Banken auf Spareinlagen zahlen, ist zwar auf rund 0,5% im Durchschnitt angestiegen, aber die Finanzierungskosten der Banken bewegen sich weiterhin klar unterhalb der rund 5,4% für die Rendite der 13wk-TBills. Die Rendite der 10yr-TNotes kommt aktuell auf rund 4,2%, die Kreditzinsen, die die Banken verlangen, liegen klar darüber. Kurzfristige Geschäftskredite kosten 8,5%, die durchschnittliche 30-jährige Festhypothek kommt auf sieben Prozent. Lohnt sich für die Banken…

Die Kreditvergabe der Banken hat sich jedoch zwischenzeitlich deutlich verlangsamt. Die gesamten Ausleihungen sind per Mai um 2,3% im Jahresvergleich angewachsen. Im Mai 2023 lag der entsprechende Wert noch bei 7,9%. Das Wachstum der Geschäftskredite ist im Mai bei 0% gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres angekommen. Im Mai 2023 lag der entsprechende Wert noch bei sechs Prozent. Der jüngste Spitzenwert für das jährliche Wachstum der Geschäftskredite stammt aus November 2022 (14,6%). Bei den gesamten Ausleihungen lag der Spitzenwert im Oktober 2022 (12,2%).

Der Rendite-Spread 10yr-TNote zu 13wk-TBills kommt aktuell auf –1,2%, vor einem Jahr waren es –1,7%, vor zwei Jahren +1,9%. Das bedeutet, dass sich die Nettozinsmarge der Banken im negativen Bereich im Vergleich zum Vorjahr zuletzt sogar wieder etwas vebessert hat. Da aber die Bereitschaft zur Kreditvergabe von zahlreichen Faktoren abhängt, taugt die Entwicklung dieses Wertes nur begrenzt zur Vorhersage der Kreditentwicklung. Es war in der Tat vor früheren Rezessionen sogar immer so, dass ein lokales Minimum des Spread Rezessionen vorausgelaufen ist.

Der S&P 500 hat am zurückliegenden Freitag bei 5567,19 geschlossen, ein neues Allzeithoch. Die EMA50 notiert steigend bei 5340. In der Wochnmitte hatte die EM14 Support geboten. (Chartquelle).

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Der Index hat sich in der verkürzten, umsatzschwachen Woche wieder an die Unterseite eines kurzfristigen, nach unten versetzten Aufwärtskanals herangezogen. Der nächste bedeutendere Support-Pegel liegt bei 5344, dem Hoch aus der zweiten Mai-Hälfte. Zwischen 5375 und 5408 klafft eine Aufwärtslücke, die am 12. Juni gerissen wurde. Bei 4967 kommt das 38er-Retracement des Aufwärtsimpulses von Anfang November bis zum Pegel 5500 ins Spiel, das entspricht auch dem Tief aus Mitte April. Vorgelagert ist die Aufbruchslücke vom 2. auf den 3. Mai von 5074 auf 5103.

Die Marktindikatoren zeigen sich mit 43:0 recht bullisch. Der TQUAL-Indikator, gebildet aus RSI, Stochastik und MACD internationaler Aktienindices gibt sich in der kurzfristigen Tendenz jetzt bullisch. Der Verlauf der Rendite von Ramsch-Anleihen zeigt kurzfristig abnehmende Risikoneigung, im größeren Bild werden sukzessiv höhere Tiefs erreicht, entsprechend sinkender Risikoausrichtung (siehe den Chart).

Die Volumenverteilung im S&P 500 ist in Akkumulation gekippt. Damit zusamamen hat eine neue Phase steigender Kurse begonnen, der TQUAL-Indikator bestätigt das mit seiner bullischen Tendenz. Der VIX, die implizite Volatilität, wird aber wohl in den kommenden Tagen zunehmen.

Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis sehen linare Eigenschaften als dominant an. Bärische Kursmuster nehmen ab, bullische nehmen zu. Starker „Inflow“ in den zurückliegenden Tagen bestätigt bullische Kräfte in ihrem Bemühen, den Index hoch zu hieven. Eine Wendesituation zeichnet sich vorerst nicht ab. Die Prognose der TimePatternAnalysis für den S&P 500 legt zunächst eine Abwärtsorientierung bis in den Bereich von 5480 nahe.

Die Charts der aggregierten Marktindikatoren, der fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis, sowie der Rendite der Ramsch-Anleihen werden börsentäglich auf der Startseite aktualisiert.

Der Index hat die zuletzt avisierte Handeslsspanne nach oben verlassen, die bullische Dynamik ist ungebrochen, die Bullen haben die handelsschwache Woche für sich nutzen können. Unter der Oberfläche knirscht es aber. So ist das z.B. Index-Put-Call-Verhältnis auf bärische 1,3 angestiegen, das Aktien-PCR notiert demgegenüber unter bullischen 0,6.

Die Pausen im Bullen-Treiben werden immer kürzer, die Abwärtsbewegungen immer kleiner. Beginnend mit April ging es in 15 Handeltagen um 300 Punkte nach unten. Ab 22. Mai ging es fünf Tage und 100 Punkte abwärts, Ab 20. Juni ging es für drei Tage und 60 runter, danach wackelte es noch einige Tage volatil dahin. Die sich jeweils anschließenden Aufwärtsbewegungen nehmen an Umfang ab – von knapp 400 auf 250. Schreibt man das so fort, landet man jetzt irgendwo bei 5600.

Viel wird vom Verlauf der Quartalssaison abhängen. Die Messlatte wurde (siehe oben) schon mal vorsorglich tiefer gelegt.

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