Geldumlauf als Indikator für die Realwirtschaft

Die Geldmenge bezieht sich auf das Gesamtvolumen des von der Öffentlichkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt gehaltenen Geldes. Ihre Umlaufgeschwindigkeit lässt Rückschlüsse auf die realwirtschaftliche Aktivität zu.

Empirische Geldmengenmessungen werden in der Regel als M1, M2, M3 usw. bezeichnet, je nachdem, wie weit die Definition des Geldes reicht. Die genauen Definitionen variieren etwas von Land zu Land. Das Aggregat M0 umfasst umlaufendes Bargeld und die Reserven der Geschäftsbanken bei der Zentralbank. „Offenmarktgeschäfte" wirken sich direkt auf die Geldbasis M0 aus. M1 besteht aus M0 und liquiden Sichteinlagen von Haushalten und Unternehmen bei Geschäftsbanken, sowie Spareinlagen (einschließlich Geldmarktkonten). M2 umfasst alle Komponenten von M1 plus weniger liquide „geldnahe" Vermögenswerte.

Die Nachfrage der Öffentlichkeit nach Bargeld und Bankeinlagen sowie das Kreditangebot der Geschäftsbanken sind damit wichtige Faktoren für Geldmengenänderungen. Letztlich wird die Geldmenge durch komplexe Interaktionen zwischen Nichtbanken, Geschäftsbanken und Zentralbanken bestimmt.

Da „Geld“ das allgemein akzeptierte Tausch-, Transport- und Wertaufbewahrungs-Medium ist, kann der Geldumlauf auch als Mass für wirtschaftliche Aktivität angesehen werden. Seine Geschwindigkeit steigt mit zunehmender Aktivität und umgekehrt.

Die Geschwindigkeit ist (u.a.) als Quotient von nominalem Bruttoinlandsprodukt und Geldmenge definiert. Die makroökonische Quantitätstheorie postulierte, dass sich die Preise im wesentlichen proportional zur Gesamtgeldmenge entwickeln würden. Dagegen gab und gibt es zahlreiche berechtigte Einwände, etwa von Ludwig von Mises, der kritisierte, dass die Geldhortung unberücksichtigt bleibt.

Dies ist seit der von Keynes geprägten Finanzpolitik ein immer wichtigerer Faktor. Bis weit in die 1920er Jahre hinein konnte man noch davon ausgehen, dass die Änderung des Geldumlaufs tatsächlich ziemlich direkt wirtschaftliche Aktivität signalisierte. Die Geldmenge unterlag nur geringen politischen Einflüssen.

Mit Keynes änderte sich das: Er postulierte in den 1930er Jahren, finanzpolitische Aktivitäten des Staates sollten wirtschaftliche Dellen ausbügeln. Die Änderung der Geldmenge hätte nach Quantitätstheorie die Preise steigen lassen müssen.

Allerdings wirkte die Liquiditätspräferenz dagegen: Stößt die Ausweitung des Geldangebots mit dem Ziel der wirtschaftlichen Belebung mangels lohnender Investionsmöglichkeiten auf ungenügende Nachfrage in der Realwirtschaft, wird Geld gehortet. Das erweiterte Geldangebot schafft kaum wirtschaftliches Wachstum, treibt keine Preise, sondern bleibt im Finanzsystem.

Nachdem sich das Rezept von Keynes als zunehmend wirkungslos herausstellte, begannen die Zentralbanken in den 1970er/1980er Jahren, mit jeder Krise die Geldschleusen weiter aufzureißen. Wegen der Liquiditätspräferenz landete jedoch ein Großteil des neu geschaffenen Geldes nicht in der Realwirtschaft. Der Nenner der Umlaufgeschwindigkeit wurde nur immer größer, die Preise hielten nicht Schritt. Die Inflation fand stattdessen in der Finanzwirtschaft statt.

Die Umlaufgeschwindigkeit hat auch über die grundsätzlichen Änderungen in der Finanzpolitik und in der Rolle der Zentralbanken nicht an Aussagekraft in Bezug auf die realwirtschaftliche Aktivität verloren. Was die Quantitätstheorie angeht, so muss berücksichtigt werden, wo sich die Geldmenge festsetzt – Real- und Finanzwirtschaft sind zwei abgegrenzte Bereiche mit geringer Durchlässigkeit. Demzufolge können sich Umlauf und Inflation in den beiden Segmenten unterschiedlich entwickeln – siehe auch „Geldfass-Analogie"!

Im folgenden geht es um den Umlauf der Geldmenge M2 (vor 1960 pauschal „Money Stock"). Der Umlauf der Geldmenge M1 ist für die hier behandelte Thematik nicht direkt relevant.

Milton Friedman hat in seinem gemeinsam mit Anna Schwartz verfassten Buch „A Monetary history of the United States, 1867-1960“ festgestellt, dass die Geldumlaufgeschwindigkeit von 1880 bis zum Ersten Weltkrieg stark abgenommen hat. Es kam zur Finanzpanik von 1907, die als Rechtfertigung für die Einrichtung des Federal Reserve-Systems in den USA im Dezember 2013 diente.

Während des Ersten Weltkriegs erholte sich die Umlaufgeschwindigkeit vorübergehend, dann kam es zu einem weiteren Einbruch, der 1933 zur Schließung von Banken und zur Enteignung des Goldes führte. Während des Zweiten Weltkriegs erholte sich die Umlaufgeschwindigkeit erneut etwas, brach dann aber 1946 bis auf ein so niedriges Niveau ein, das bis vor kurzem einen Rekord darstellte (Chartquelle).

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Ausgehend von einem relativen Höchststand im Jahr 1997 bei 2,2 ist die Umlaufgeschwindigkeit der Geldmenge M2 nun auf einem Niveau wie während der Großen Depression und der Weltkriege. Mitte 2021 lag sie bei 1,2, aktuell kommt sie auf 1,4 und damit auf das Niveau 1950. 1933 kam sie auf 1,3.

Der jüngste obere Wendepunkt der Geldumlaufgeschwindigkeit fällt 1997 zeitlich zusammen mit der so genannten Asienkrise, dann kam es zum Platzen der Dotcom-Blase. Mit dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise beschleunigte sich der Sinkflug, in der „Corona-Krise“ ging sie weiter zurück.

Die Politik der Zentralbanken führte nicht dazu, dass das neu geschaffene Geld die Realwirtschaft flutete, sondern schuf eine Finanzblase, die in keinem Verhältnis zur zugrunde liegenden produktiven Wirtschaftstätigkeit steht. Die Liquiditätsfalle schnappt zu. Und so lässt sich die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes tatsächlich als ein Mass für Prosperität der Realwirtschaft ansehen.

Und danach sehen wir zwar seit 2020 eine gewisse Verbesserung, aber auf sehr niedrigem Niveau. In etwa insgesamt zehn Bill. Dollar an „Corona“-Maßnahmen haben nicht mehr vermocht, als den Geldumlauf von 1,2 auf 1,4 hoch zu bringen. Ein gewisser Teil der Maßnahmen-Gelder ist aber tatsächlich in die Realwirtschaft geflossen, und so entstand hier getreu der Annahmen der Quantitätstheorie Inflation – von 0,4% im zweiten Quartal 2020 bis auf 8,6% im zweiten Quartal 2022. Aktuell sind es 3,3%.

[Unter Verwendung von Material aus dieser Quelle]

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