S&P 500 – Gier und andere Kuriositäten

Der S&P 500 steigt weiter – ein Wochengewinn von 2,2%. Die Inflation schwächelt im Oktober. NDX und Nasdaq Composite steigen ebenfalls an. Besonders stark gewinnt der Russell 2000 der SmallCaps – auf Wochensicht um 5,4%. Der DAX glänzt im Vergleich mit seinen US-Kollegen mit relativer Stärke und einem Wochengewinn von 4,5%.

Die Talfahrt bei den Ölpreisen hält an, am Freitag allerdings gab es ein Tagesplus von 4%. Der CRB-Rohstoffindex gut behauptet nach mehreren Verlustwochen.

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Die US-Renditen sinken. Der Dollar ist schwach, Euro/Dollar gewinnt. Das Währungspaar Dollar/Yen im Minus unter der Schwelle von 150, Euro/Yen zeigt sich weiter fest.

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Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices: Der KBW-Index regionaler Banken steigt um beachtliche 9,2%. Der „Globalisierungsindikator“, der Dow Jones Transport Index, steigt um 3,6%. Der „Technologieindikator“, der Halbleiterindex SOX, steigt auf Wochensicht um weitere 4,4%.

Die Inversivität bei den Renditen nimmt besonders im kurzen Teil zu. Das Zinsgefälle am langen Ende weitet sich leicht aus, bleibt positiv. Die negative Differenz zwischen der Rendite der 2yr-TNotes und der eff FFR steigt, in dieser Woche ist man offenbar wieder sehr davon überzeugt, dass das Leitzins-Niveau zu hoch ist.

Der zurückliegende Dienstag war mit der CPI-Veröffentlichung die finale Bestätigung der Trendwende an den Märkten – von der Überzeugung, dass die Fed die Zinsen länger hochhalten wird, zu der Überzeugung, dass die Wirtschaft auf eine weiche Landung zusteuert und die Fed die Zinsen senken wird. Dazu reichte ein Rückgang des Verbraucherpreisindex um ein Zehntel Prozent.

Der Zinssatz für 10-jährige Staatsanleihen, der vor einigen Wochen noch bei 5% gelegen hatte, fiel unter 4,5%. Anleihen und Aktien erholten sich. Die Eindeckung von Leerverkäufen verstärkte die Bewegung. Der S&P verzeichnete seine beste zweiwöchige Entwicklung seit Oktober letzten Jahres.

Die CPI-Inflation kam im Oktober mit +3,2% herein, die Erwartungen lagen bei 3,3%, im Vormonat wurden 3,7% gemessen. Die Kernrate liegt bei 4,0% nach 4,1% im September. Unter Trendgesichtspunkten ist Tempoverlust festzustellen, was weitere sinkende Inflationsraten erwarten lässt. Andererseits: Die PPI-Inflation (PPIACO) kommt im Oktober zwar auf –3,6% nach –3,4% im September. Im Juni lag sie bei –9,4%. Der Abwärtsdrang nimmt deutlich ab.

Die US-Einzelhandelsumsätze sind im Oktober um 0,1% gesunken, Volkswirte hatten –0,3% erwartet. Inflationsbereinigt nahmen sie innerhalb der zurückliegenden 12 Monate zehn Mal ab.

Die Entwicklung im CPI geht hauptsächlich auf die im Oktober um 2,5% fallenden Energiepreise und einen gewissen Basiseffekt zurück. Die Mietkosten sind den 27. Monat in Folge um mindestens 0,4% gestiegen. Für Oktober lag deren monatliche Steigerung bei 0,5%. Volkswirte werden nicht müde, im Jahresvergleich sinkende Mieten vorherzusagen. Das ist jedoch extrem selten, kam seit 1970 nur einmal vor, im Jahr 2010. In der meisten Zeit lag die jährliche Steigerung bei über drei Prozent (Quelle).

Die Gruppe der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperation (APEC) rechnet mit einer Verlangsamung des regionalen Wirtschaftswachstums und prognostiziert einen Rückgang auf 2,8% im Jahr 2024, der durch die anhaltende Inflation, Unterbrechungen der Lieferketten und die anhaltenden Spannungen zwischen den USA und China beeinflusst wird. Trotz eines leichten Anstiegs des Handelsvolumens wird die Wachstumsrate der APEC voraussichtlich unter dem globalen Durchschnitt bleiben.

Der Hype um ETFs nimmt kein Ende. Allen voran in Deutschland scheinen sich ETFs großer Beliebtheit zu erfreuen. So haben die Privatanleger in der Bundesrepublik 135 Mrd. Euro in jene Fonds investiert. Im restlichen Kontinentaleuropa sind es 65 Mrd. Euro. Wie die Erhebung aufzeigt, bestehen Depots von wenig erfahrenen Anlegern im Durchschnitt zu 31% aus ETFs, wohingegen der Anteil bei erfahrenen Anlegern bei knapp 22% liegt. Mit Einzelaktien verhält es sich andersherum. In den vergangenen Jahren kam es zu einem sprunghaften Anstieg von ETF-Sparplänen. 2017 gab es derer in Deutschland 0,5 Millionen – aktuellen Daten zufolge sind es gegen Ende 2023 rund 7,6 Millionen.

Ludwig von Mises Institut Deutschland: Zusammengefasst kann „mäßige“ Preisinflation angesehen werden als ein politisches Instrument zur Ausweitung der Geldmenge mit erwünschten Folgen für die politischen Unternehmer und ihre Unterstützer. Die Propaganda zur Rechtfertigung des feindlichen Handelns ist a priori –und im Detail und einzeln belegbar– falsch.

Warren Buffets Investment-Gesellschaft Berkshire Hathaway stößt weiter Aktien ab und erhöht ihre Cash-Reserven. Der Milliardär traut dem Markt offenbar nicht. Im Moment sitzt Warren Buffett auf 157,2 Mrd. Dollar in bar, nachdem es seine gesamten Anteile an General Motors (GM), Johnson & Johnson (JNJ) und Procter & Gamble (PG) verkauft hat.

Eine dieser Aktien verdient eine besondere Erwähnung – General Motors. Buffett macht nicht viele Investitionsfehler, aber der Kauf von GM war eine schreckliche Entscheidung, heißt es bei Porter Stansberry. Buffett kaufte GM erstmals im Jahr 2012, kurz nachdem das Unternehmen einen von der Regierung eingefädelten Pseudo-Bankrott hinter sich gebracht hatte. Die heutige GM ist zu einem Echtzeit-Lakmus-Test für die moderne Managementtheorie geworden – die Idee, dass „Vielfalt" bessere Unternehmensvorstände produziert.

Heute ist die Mehrheit der Vorstandsmitglieder von GM weiblich. Stansberry ist bereit, 100.000 Dollar darauf zu wetten, dass keine von ihnen das Öl in ihrem Auto wechseln kann. In der Zwischenzeit hat jedes Mitglied des GM-Vorstands Erfahrung in ESG-Themen – die populäre Abkürzung für Umwelt, Soziales und Governance. Aber nur ein Vorstandsmitglied (von 13) hat Erfahrung in der Automobilbranche. Interessanterweise besitzt der nicht eine einzige Aktie des Unternehmens, ebenso wie fünf andere Vorstandsmitglieder.

Stansberry schätzt die Marge von Buffetts GM-Engagement auf 10% bis 12% … über eine Haltedauer von 10 bis 11 Jahren. Hätte man den S&P 500 anstelle von GM zu denselben Zeitpunkten gekauft, zu denen Buffett GM kaufte und verkaufte, hätte man etwa 2,8 Mrd. Dollar verdient – 173%.

Die Moral von der Geschicht': Es ist in der Regel eine schlechte Idee, riesige Unternehmen mit geringer Kapitalrendite zu kaufen, die enorme Kapitalinvestitionen erfordern und Produkte herstellen, die größtenteils zu Massenware geworden sind. Vor allem, wenn sie von einer Gruppe von Clowns geführt werden, so Stansberry.

Wir denken, dass Buffetts vollständiger Ausstieg aus dem Unternehmen und der Aufbau eines rekordverdächtigen Cash-Bestands von Bedeutung sind. Historisch – wenn Buffett eine solch große Cash-Position aufgebaut hat, kam es zu einer wirtschaftlichen Talfahrt oder zu einem Schock, so Stansberry.

Small Caps feiern mit der Erwartung einer Leitzinswende eine Auferstehung. Seit Mitte September wiesen sie deutliche relative Schwäche gegenüber den LargeCaps auf, hier hat sich das Bild jetzt zumindest kurzfristig aufgehellt. Laufen SmallCaps besser als LargeCaps, zeigt das auch zunehmende Risikobereitschaft.

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Die USA geben derzeit etwa 2 Bill. Dollar mehr aus, als sie einnehmen, das Haushaltsdefizit. Wenn man die Ausgaben immer weiter in die Höhe treibt, kommt man irgendwann an das Ende des Weges. Und dieses Ende ist in Sicht.

Ungefähr 50% der ausstehenden Staatsschulden werden in den nächsten drei Jahren fällig. Wenn die Schulden auf dem derzeitigen Zinsniveau weiterlaufen, steigen allein die Zinskosten von rund 680 Bill. Dollar auf 2 Bill. Dollar. Ein jährliches Defizit von 2 Bill. Dollar kann sich allein durch den Anstieg der Zinskosten auf 3,3 Bill. Dollar erhöhen.

Das jüngste US-BIP lag bei 27 Bill. Dollar. 2 Bill. Dollar bedeuten, dass das Haushaltsdefizit 7,4% des BIP beträgt. 3,3 Bill. Dollar entsprechen 12% des BIP. Die Zinsausgaben werden Schätzungen zufolge in fünf Jahren 50% der Steuereinnahmen ausmachen.

Das ist nicht tragbar. Grundsätzlich kann die US-Notenbank die kurzfristigen Zinssätze kontrollieren, aber die Neubewertung so vieler Schulden übt Druck auf die längerfristigen Zinssätze aus – eines der Probleme, wenn man zu viele Schulden anhäuft. Und die USA sind nicht allein. Entweder müssen die Zinssätze sinken, die Staatsausgaben zurückgehen oder die Steuern erhöht werden. Oder eine Kombination aus allen drei Möglichkeiten.

Die Gesamtaktiva der USA belaufen sich auf 220,5 Bill. Dollar, die Gesamtverbindlichkeiten auf 211 Bill. Dollar (Quelle). Wenn man als Privater eine solche Bilanz aufzuweisen hätte, wären man in argen Problemen. Die Regierung besitzt aber eine Gelddruckmaschine. Die erste Inflationswelle ist abgeklungen. Inflationswelle Nummer zwei wird nach der nächsten Runde von QE kommen. Freies Geld schafft mehr Schulden, was angesichts unserer derzeitigen Situation Gift für das System ist.

Weiche Landung? Eine Rezession fängt immer mit der Hoffnung auf eine weiche Landung an:

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BlingBling: Kaum ein anderes Land hat wirtschaftlich so sehr vom Aufstieg Chinas profitiert wie Japan (außer vielleicht Deutschland). Die „Zeitenwende“ findet aber auch hier statt. Wirtschaftliche Bande werden gekappt. Vor allem aber verabschiedet sich das Land von seinem Pazifismus – was längst nicht alle gutheißen. Japan soll aufrüsten.

Der S&P 500 hat am zurückliegenden Freitag bei 4514,02 geschlossen. Am Dienstag, dem Tag der CPI-Veröffentlichung, sprang der Index mit einer großen Aufwärtslücke hoch und läuft jetzt knapp unter dem untergeordneten Pegel von 4519. Im Visier ist an der Oberseite 4535 (Hoch von Anfang September) und darüber der Bereich um 4580 (Hoch von Ende Juli). Nach Lage der Dinge ist die Lücke als Erschöpfungs-Gap anzusehen. Viel Raum nach oben bleibt nicht, wenn alle investiert sind, Shorts eingedeckt sind und Gier noch die letzten Reserven mobilisiert (Chartquelle).

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An der Unterseite fällt die EMA50 (4359, steigend) mit dem 38er Retracement der Aufwärtsimpulses (vorläufig) aus Ende Oktober zusammen.

Die Marktindikatoren zeigen sich per Saldo weiterhin mäßig bullisch. Die Volumenverteilung ist noch (wackelig) in Akkumulation. Sie ist mittlerweile leicht überdehnt, solche Phasen halten erfahrungsgemäß fünf bis acht Tage an. Nach TRIN ist die Marktbreite weiter bärisch. Die AD-Line jetzt neutral, mit Tempoverlust. Das Verhältnis zwischen S&P 500 und VIX ist bullisch, das Put/Call-Verhältnis mittlerweile etwas stabiler neutral.

Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis sehen bullische zyklische und lineare Merkmale zunehmend. Bärische nehmen weiter ab und liegen mittlerweile nahezu dort, wo es in der jüngeren Vergangenheit drehte. Der Zufluss ist weiter stark. Aus dieser Sicht spricht einiges dafür, dass die bullische Bewegung noch etwas anhält. Die Prognose der TimePatternAnalysis für den S&P 500 sieht als kurzfristiges Ziel einer volatilen Bewegung den Bereich von 4550.

Die Charts der aggregierten Marktindikatoren und der fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis werden börsentäglich auf der Startseite aktualisiert.

Der VIX kontrahiert weiter auf jetzt unterhalb von 14. Er bleibt deutlich überverkauft. Das aus dem Verhältnis zwischen S&P 500 und VIX abgeleitete „Klima“ ist mittlerweile weit in „Greed“, Gier.

Ich hatte es zwar schon in der zurückliegenden Woche geschrieben, aber es gilt aus meiner Sicht weiterhin: Das Aufwärtstempo im S&P 500 wird sich so nicht durchhalten lassen, mit einem Rücksetzer ist zu rechnen. Dessen Mindest-Potenzial reicht bis 4360 (siehe oben!). Darunter liegt die EMA200 (4282, steigend).

Die Aktionäre suchen nach möglichen Katalysatoren für eine weitere Aufwärtsbewegung. Natürlich glauben alle, die investiert sind, an einen Fortgang der Jahresend-Rally. Rauscht es noch durch bis zu 4580 (Hoch aus Ende Juli)? Und folgt dann ein Rücksetzer auf rund 4350? In jedem Fall dürfte es volatil werden.

Sicher, aktuell stützen die sinkenden Renditen und der tiefe Ölpreis die Aktienbullen. Aber beide sind auch reif für eine kurzfristige Gegenbewegung.

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