S&P 500 – zu teuer?

Quartalsende und Window-Dressing war gestern, jetzt richten sich die Aktienmärkte auf die Berichtssaison für das zweite Quartal aus. Der Dow sinkt auf Wochensicht um 2,0%. Der S&P 500 brachte es auf –1,2%. Der NDX sinkt um 0,9%, wie auch der breitere Nasdaq. Der DAX verliert 3,4%.

Euro/Dollar steigt im Wochenvergleich um weitere 0,5%; Dollar und Euro gegen Yen –1,5%, bzw. –1,0%. Die Ölpreise (Brent und WTI) steigen um weitere 4,0%, bzw. 4,4%. Der CRB-Rohstoffindex dreht und steigt um 0,9%. Gold (in Dollar) +0,3%, Silber (in Dollar) steigt um weitere 1,4%.

Die US-Renditen steigen weiter: Die der 10yr-TNotes, dem wichtigsten Preis weltweit, steigt um 5,8% auf 4,068%, sie notiert wieder so hoch wie Anfang März. Die Rendite der 2yr-TNotes steigt um 1,3% auf 4,957%, die der 13wk-TBills +0,9% auf 5,360%. Die Zinsstruktur zeigt am kurzen Ende eine abnehmende, mit –1,29% nach wie vor deutliche Inversivität. Am langen Ende ist der Spread nun leicht invers mit zunehmender Tendenz. Über alle Laufzeiten hinweg ist der Spread bei –1,31% abnehmend negativ.

Unter der Oberfläche großer Aktien-Indices: Der KBW-Index regionaler Banken steigt auf Wochensicht um ein weiteres Prozent. Der „Globalisierungsindikator“, der Dow Jones Transport Index, steigt um weitere 0,2%. Der „Technologieindikator“, der Halbleiterindex SOX, dreht erneut und verliert 2,6%.

Das „Puzzle“ der Einzeldaten zusammengefügt: Bei US-Aktien werden Gewinne mitgenommen, dabei zeigen NDX und Nasdaq leichte relative Stärke. Geschlossene Abwärtslücken mit tieferen Schlusskursen legen nahe, dass es noch weiter abwärts gehen dürfte. Der DAX stürzt mit zwei Kurslücken unter seine erneut sinkende EMA50. Hier dürfte übergeordnete weiteres Abwärtspotenzial vorhanden sein. Offenbar schlagen sich allmählich die immer trüberen Unternehmensaussichten nieder.

Der Spread am langen Ende der kräftig steigenden US-Renditen ist leicht in Inversion – kein Indiz für eine gute Konjunktur-Entwicklung. TBonds verlieren 2,5%. Die Rendite der 2yr-TNotes und die eff. FFR liegen fast gleichauf, was die Erwartung auslaufender Zinsschritte widerspiegelt. Die Preise für Öl und andere Rohstoffe steigen. Kupfer nach S&P GSCI Copper Index versucht, sich zu stabilisieren.

Die Zahl neuer Arbeitsplätze (nonfarm) ist in den USA im Juni weniger stark gestiegen als erwartet, die Löhne hingegen haben stärker zugelegt als vorhergesagt. Die Arbeitslosenquote sinkt leicht auf 3,6%. Die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe steigen leicht. Die Makrodaten zeigen leichten Tempoverlust im expansiven Bereich.

Zum Halbjahr ein Blick auf einige Bewertungs-Kennzahlen bei US-Aktien: Der Medianwert des KGV des S&P 500 über die zurückliegenden sechs Dekaden kommt auf 17,6, was aus heutiger Sicht einem Indexstand von 3000 entspricht. Diese 3000 sind im historischen Kontext ein guter Einstiegspunkt, dazu müsste der Index vom aktuellen Stand aus fast ein Drittel an Wert verlieren. Nichts ist unmögich…

Wir stehen vor der Berichtssaison für das zweite Quartal. Die Gewinnschätzungen der Wall Street Analysten werden fast immer nach unten korrigiert, Investoren sollten sich eher an den tatsächlich gemeldeten Zahlen orientieren. So hatte Standard & Poors z.B. Anfang des zweiten Quartals 2022 für den S&P 500 am Jahresende einen Gewinn von 220 Dollar je Aktie vorhergesagt, erreicht wurden schließlich 176 Dollar. Es gab nur ein Jahr, nämlich 2021, in dem die Gewinnprognose niedriger war als das tatsächliche Ergebnis.

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Per Ende 2024 soll ein Gewinn von 225 Dollar je Aktie erreicht werden. Allein der Abstand zur Regressionslinie im Chart legt schon nahe, dass die Prognose, sagen wir mal, sehr ambitioniert ist. Auch aus Sicht der Geopolitik mit zunehmenden Spannungen in Bezug auf die VR China sind etliche Fragezeichen zu machen. Aus China kommt immer noch ein bedeutender Teil der Produktion (Stichwort Lieferketten) und ein wichtiger Teil von strategisch bedeutsamen Rochstoffen, insbesondere auch in Zusammenhang mit der sagenumwobenen „Dekarbonisierung der Energieerzeugung“.

Die Gewinnrendite im S&P 500 kommt für das Gesamtjahr 2022 auf 4,4 (Gesamtjahr 2010: 4,8), das Verhältnis von Kurs zu Buchwert erreicht 3,8 (2,2). Das Verhältnis von Gewinn zu Buchwert liegt aktuell bei 1,2, 2010 kam es auf 2,2. Der Gewinn im Vergleich zum Buchwert beträgt nurmehr mehr 55% des Wertes aus 2010, die Rentabilität des eingesetzten Kapital hat entsprechend abgenommen. Die Kennzahl sollte zwar (wie andere auch) mit Vorsicht zu betrachten sein, aber in Zusammenhang mit der ebenfalls gesunkenen Gewinnrendite (aktuell sogar nur noch 3,9) ist die klare Aussage, dass der S&P 500 mit einem KGV von aktuell 25,6 deutlich überbewertet ist (gegenüber dem Median, siehe oben).

Ein anderer Blick auf die inhärenten Ungleichgewichte bei Aktien: Die Marktkapitalisierung des IT-Sektors beträgt jetzt 30% der gesamten Kaptalisierung. Das ist nicht mehr weit weg von 2000… (Chartquelle)

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Der jüngste Verlauf von Dollar/Yen zeigt offenbar „De-Risking“ – Yen-Carry-Trades werden aufgelöst, was den Yen stärkt. Das schreibt die Citibank (Chartquelle).

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Der S&P 500 hat die zurückliegende Woche bei 4398,95 beschlossen. Nach einer Aufwärtslücke folgte eine Abwärtslücke, der lange obere Docht zeigte am letzten Handelstag der Woche, dass Anschlusskäufe ausblieben (Chartquelle).

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Die Volumenverteilung an der NYSE ist mittlerweile in Distribution gekippt. Der hier mehrfach angesprochene TQUAL-Indikator zeigt Schwäche und bewegt sich damit im zuletzt beobachteten Rhythmus (siehe z.B. hier!). Das weist auf seit August 2022 beständig zunehmende technische Schwäche hin. Der PCR-Verlauf und die Entwicklung von „SPX/VIX“ deutet übertriebenen Optimismus an. Scheint so, als entwickele sich eine Bullenfalle. Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis zeigen, dass sich kontraktive Kursmuster ausbauen.

Zusammengenommen dürfte es im S&P 500 übergeordnet nun weiter abwärts gehen, auch wenn es immer wieder zu plötzlichen, auch starken Gegenreaktionen kommen dürfte. Nächstes bedeutendes Ziel auf der Unterseite ist die EMA50. Sie notiert aktell bei 4284.

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